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Informationen zur Flüchtlingsunterkunft „Mehler“ in Flieden

Flieden, den 26.04.2016

In den letzten Tagen erreichten die Gemeindeverwaltung und auch kommunale Mandatsträger vermehrt Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern bezüglich der Flüchtlingsunterkunft „Mehler“ in Flieden – zuletzt auch noch einmal ausgelöst durch eine Pressemitteilung des Ausländerbeirates in Fulda. Wir möchten Ihnen deshalb auf diesem Weg einige Informationen zu der Unterkunft geben.

 

Vorausgeschickt sei eine kurze Information über die Abläufe eines Asylverfahrens in unserem Land und die jeweiligen Zuständigkeiten. Das „normale“ Verfahren, das bis Mitte letzten Jahres auch zur Anwendung kam, sah wie folgt aus:

 

Ein Flüchtling kommt in Hessen an und wird hier zunächst in eine Erstaufnahmeeinrichtung (zentral in Gießen) verbracht. Die Erstaufnahme steht in der Verantwortung des Landes Hessen und wird von diesem betrieben. In der Erstaufnahme erfolgen Registrierung, medizinische Untersuchungen etc. Vor allem wird hier auch der Antrag auf Asyl gestellt. Nach Abwicklung all dieser Vorgänge und während der Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geprüft wird (was mehrere Monate dauern kann), werden die Flüchtlinge vom Land an die Landkreise zugewiesen. Die Zuständigkeit geht an die Landkreise über; sie sind für die Unterbringung der Asylbewerber verantwortlich und gewähren den Asylbewerbern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Unterbringung erfolgt in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften (GU), die vom Landkreis angemietet werden. In der Gemeinde Flieden existieren derzeit drei klassische Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises mit einer Gesamtkapazität für rd. 100 Personen. Nachdem durch das BAMF über den Asylantrag entschieden wurde, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder dem Antrag wurde stattgegeben; dann erhält der Flüchtling ein (zeitlich begrenztes) Aufenthaltsrecht. Er wird aufgefordert, sich eine eigene Wohnung zu suchen, die er auch selbst anmietet. Leistungen für die Miete und Lebensunterhalt erhält er nach dem SGB II (Sozialhilfe/“Harz IV“). Wird der Asylantrag abgelehnt, wird der Asylbewerber aufgefordert, unser Land innerhalb einer bestimmten Frist zu verlassen. Tut er das nicht, setzt ein Abschiebungsverfahren ein.

 

In den letzten vier Monaten des Jahres 2015 und auch noch Anfang 2016 erreichte eine sehr große Zahl an Flüchtlingen über verschiedene Routen Deutschland – die Berichterstattung in den Medien haben Sie sicherlich verfolgt. Die bestehenden Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Hessen (und auch in anderen Bundesländern) waren bei weitem nicht auf eine so große Menschenmenge eingerichtet. Dennoch war es notwendig, die Flüchtlinge mit dem Nötigsten zu versorgen. Das Land Hessen ging deshalb dazu über, den Landkreisen abhängig von der aktuell zu versorgenden Flüchtlingszahl reihum jeweils 1000 Flüchtlinge zur Unterbringung zuzuweisen. Der oben beschriebenen Erstaufnahme wurde also eine Stufe der Notunterbringung vorgeschaltet. Hier sollten die Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf und Verpflegung erhalten, bis in den Erstaufnahmeeinrichtungen Kapazitäten frei würden. Um dazu binnen kürzester Zeit in der Lage zu sein, wurden in anderen Landkreisen, z.B. im Vogelsbergkreis, u.a. Turnhallen in Notunterkünfte umfunktioniert. Dazu kam es im Landkreis Fulda glücklicherweise nicht, da der Landkreis Fulda rechtzeitig andere Unterbringungsmöglichkeiten schaffen konnte. Eine dieser vom Landkreis innerhalb kürzester Zeit eingerichteter Unterkünfte war das ehemalige Fabrikgebäude Mehler am Bahnhof in Flieden. In einer öffentlichen Informationsveranstaltung am 30.11.2015 informierte der Landkreis in der Kreissporthalle Flieden über diese Einrichtung. Mitte Januar 2016 wurde die Einrichtung dann in Betrieb genommen und die ersten Flüchtlinge dort untergebracht. Zwischenzeitich lebten bis zu 400 Personen in der Unterkunft.

 

In 2016 sind die Zahlen neu ankommender Flüchtlinge in Deutschland stark zurückgegangen. Das Land Hessen hat unlängst angekündigt, ausgelagerte Einrichtungen der Erstaufnahme wieder zu schließen bzw. nur noch als Reservekapazität vorzuhalten. Das Land hat in dieser Zeit den Rückstau der Fälle in den Erstaufnahmeeinrichtungen abgebaut, was wiederum gemäß der oben beschriebenen Abläufe zu hohen Flüchtlingszuweisungen für die Landkreise führte (wöchentlich teilweise über 100 neu in einer Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises unterzubringende Personen). Mit zeitlicher Verzögerung erreichte also Anfang des Jahres 2016 die Flüchtlingswelle aus 2015 auch die originäre Zuständigkeit des Landkreises Fulda. Die vorhandenen Kapazitäten und Reserven in Gemeinschaftsunterkünften waren zunächst nicht ausreichend, um den Unterbringungsbedarf zu decken. Der Landkreis Fulda hat deshalb entschieden, die Unterkunft „Mehler“, die er bisher im Auftrag des Landes Hessen als Notunterkunft betrieben hat, vorübergehend auch als Gemeinschaftsunterkunft in eigener Verantwortung zu nutzen – auch vor dem Hintergrund, dass der Bedarf an Notunterkunftsplätzen aufgrund der zurückgehenden Flüchtlingszahlen sinkt.

 

Derzeit sind also im Mehler-Gebäude Flüchtlinge mit unterschiedlichem Status untergebracht: Ein Teil ist hier „notuntergebracht“, bis er in eine Erstaufnahmeeinrichtung verbracht werden kann, ein anderer Teil – aktuell etwa 180 Personen – war bereits in der Erstaufnahme und befindet sich in der Verantwortung des Landkreises.

 

Die noch notuntergebrachten Flüchtlinge werden kurzfristig, voraussichtlich schon in dieser Woche, die Unterkunft „Mehler“ verlassen. Die Flüchtlinge in der Verantwortung des Landkreises werden etwas länger hier bleiben, bis im Landkreis weitere Gemeinschaftsunterkünfte, die derzeit geschaffen werden, in Betrieb genommen sind. Eine langfristige Unterbringung einzelner Flüchtlinge im Mehler-Gebäude ist nicht vorgesehen, jedoch soll die Einrichtung als „Pufferkapazität“ zunächst weiter beibehalten werden.

 

Derzeit befindet sich eine Vereinbarung des Landkreises mit den kreisangehörigen Kommunen und der Stadt Fulda in Abstimmung. Gemäß dieser Vereinbarung wird jede Kommune verpflichtet, Unterbringungskapazitäten in der Größenordnung von 3% der Einwohnerzahl bereitzustellen. In Flieden entspräche das einer Kapazität von etwa 260 Plätzen. Ohne die Unterkunft „Mehler“ stehen in Flieden derzeit etwa 100 Plätze zur Verfügung; es müssten ohne Mehler also noch rund 160 Plätze in der Gemeinde Flieden neu geschaffen werden. Solange die Unterkunft „Mehler“ besteht, gibt es keinen Bedarf, neue Gemeinschaftsunterkünfte zu schaffen.

Weitere Informationen finden Sie auch unter www.landkreis-fulda.de/asyl

Ihr Christian Henkel
Bürgermeister